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Koalitionsvertrag 2025: So verändert sich die Steuerlast für Unternehmen

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Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien aus Union und SPD steht. Das
Ziel ist klar: Die deutsche Wirtschaft soll wieder in Schwung kommen. Mit
einem Bündel von Maßnahmen sind Entlastung für Unternehmen geplant.

Aber
reicht das? Dr. Markus Frischmuth, Professor für Allgemeine
Betriebswirtschaftslehre an der SRH Fernhochschule, ordnet ein.

„Neues Wachstum, Entlastungen und stabile Finanzen“ – das verspricht der
Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Doch was bedeuten die Pläne
konkret für Unternehmen? Prof. Dr. Markus Frischmuth von der SRH
Fernhochschule hat die steuerpolitischen Maßnahmen unter die Lupe genommen
und bewertet ihre Auswirkungen auf die Unternehmensbesteuerung.

Was hält der „Investitons-Booster“ für Unternehmen bereit?

Wie bei vielen politischen Absichtserklärungen üblich, ist die Frage der
konkreten Finanzierbarkeit einzelner Maßnahmen noch nicht geklärt. Prof.
Dr. Markus Frischmuth analysiert den Koalitionsvertrag deshalb zunächst
ungeachtet der Frage der Gegenfinanzierung der Entlastungen. Einzeln
betrachtet, bewertet er die Maßnahmen „als zielführende Beiträge zur
steuerlichen Entlastung von Unternehmen.“ Die Bestrebungen können laut
ihm, insgesamt betrachtet zu Kostenreduktionen für Unternehmen führen.
„Die vorgestellten Maßnahmen und Wirkungen müssen jedoch im Detail
analysiert und kritisch hinterfragt werden.“

Die wichtigsten Maßnahmen für Unternehmen im Koalitionsvertrag sind laut
Frischmuth die degressive Abschreibung für Ausrüstungsinvestitionen
(Zwischen 2025-2027), als „Investitions-Booster“ bezeichnet, die
tariflichen Maßnahmen zur Senkung des Körperschaftsteuersatzes bis 2032,
die Reduzierung der Energiekosten (Stromsteuer), die Steuerfreiheit von
Überstundenzuschlägen, die Senkung der Umsatzsteuer für die Gastronomie
auf 7 Prozent und die Vereinfachung im Besteuerungsverfahren.

Welche steuerpolitischen Effekte sind auf den ersten und welche auf den
zweiten Blick erkennbar?

Als Experte im Bereich Controlling und Corporate Governance sowie
Steuerlehre hat Markus Frischmuth die vorgestellten Maßnahmen genau unter
die Lupe genommen und sich gefragt, inwieweit diese zur Entlastung von
Unternehmen beitragen oder ob womöglich andere ungewünschte Effekte
entstehen.

Degressive Abschreibung: Ob die Einführung der beschleunigten degressiven
Abschreibung von 30 Prozent tatsächlich zu einem „Investitions-Booster“
führt, hängt nicht ausschließlich von der Abschreibungsmethode ab. „Ein
steuerlicher Investitions-Booster entsteht nur, wenn die beschleunigte
Abschreibung und die damit verbundene beschleunigte Steuererstattung bei
Unternehmen einen besonderen Investitionsanreiz auslöst und auf ein
positives Investitionsklima trifft“, sagt Frischmuth.  Dieses „Triggering-
Event“ erscheint laut ihm zweifelhaft, denn die Investitionstätigkeit von
Unternehmen wird durch die Liquiditäts- und Finanzierungsposition sowie
durch die Rentabilität einer Investition an sich bestimmt. Heißt konkret:
„Wer kein Geld für Investitionen zur Verfügung hat oder aus anderen
Gründen, z. B. wegen der weltpolitischen Unsicherheitslage, nicht
einsetzen will, hat auch nichts von einer beschleunigten Abschreibung. Es
ist daher offenkundig, dass degressive Abschreibungen Investitionen nur
bedingt stimulieren können“, so Frischmuth. Zudem ist zu beachten, dass
die schrittweise Körperschaftsteuersenkung sogar einen gegenläufigen
Effekt, also einen Investitionsaufschub, bei Unternehmen zur Folge haben
kann.

Steuerfreiheit von Überstundenzuschlägen: Von Überstunden profitieren
neben den Arbeitnehmer:innen durch höheres Nettoeinkommen auch Unternehmen
und deren Kund:innen. „Die Steuerfreiheit vermeidet – trotz höherer
Überstundenleistung – höhere Bruttolöhne und damit höhere Kundenpreise für
diese Leistungen. Damit zahlen nicht die Profiteure, also die Unternehmen,
den Preis dafür, sondern die Allgemeinheit der Steuerzahler“, verdeutlicht
Frischmuth. Daneben führt die Steuerfreiheit von
Überstunden aufgrund des progressiven Einkommensteuertarifs dazu, dass
Besserverdienende relativ mehr profitieren als Niedrigverdienende.

7 Prozent Umsatzsteuer in der Gastronomie: Die Gastronomiebranche kämpft
strukturell mit
dem normalen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent und gleichzeitig mit höheren
Kosten für Personal, Energie und Lebensmittel. Daneben nehmen
konjunkturelle und saisonbedingte Effekte einen Einfluss auf die
finanzielle Lage der Gastronomie. „Die Probleme der Gastronomie, die
öffentlichkeitswirksam mit der Umsatzbesteuerung in Verbindung gebracht
werden, haben vielschichtige, gar komplexe Ursachen.“ Laut dem Experten
bestimmen viele Preiseinflüsse – und nicht nur die Umsatzsteuer – die
Krise gastronomischen Betriebe. „Es ist daher unsicher, ob die Senkung des
Umsatzsteuersatzes zu Preisreduktionen und damit Absatzsteigerungen in der
Gastronomie führt oder ob die Preise beibehalten werden, um mehr Netto-
Erlöse zu erzielen“, so Frischmuth. Laut dem Professor könnte die
Umsatzsteuersatzsenkung auch dazu führen, dass ineffizient arbeitende
Betriebe bei gleichbleibenden Preisen subventioniert werden.

Steuerbelastung für Unternehmen: Deutschland bleibt mit 25 % im unteren
Drittel der Steuersatzliga

Weitere Fragen werfen übergeordnete und systematische Aspekte der
Unternehmensbesteuerung im Koalitionsvertrag auf. „Zum Beispiel ist es
fraglich, ob eine Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften von 25 Prozent
im Jahr 2032 tatsächlich international wettbewerbsfähig ist“, so
Frischmuth. Mit einer aktuellen Gesamtsteuerbelastung für Unternehmen in
Höhe von ca. 30 Prozent ist Deutschland nahezu Schlusslicht im
internationalen Vergleich. „Eine Senkung der Gesamtsteuerbelastung auf 20
Prozent für alle Unternehmensarten, die ihre Gewinne im Unternehmen
belassen, ist angebracht. Und das möglichst schnell, denn so kommt man
zumindest im Mittelfeld der internationalen Steuersatzliga an“, analysiert
er. Darüber hinaus muss laut dem Experten dafür Sorge getragen werden,
dass Personenunternehmen, die auch im internationalen Wettbewerb stehen,
vergleichbar entlastet werden.

Das Ziel, das komplexe Steuersystem für Unternehmen in Deutschland zu
vereinheitlichen und somit zu vereinfachen, ist ein weiteres Ziel der
neuen Regierung. Laut dem Experten finden sich im Koalitionsvertrag dazu
aber zu wenige konkrete Maßnahmen. „Hier haben die Beteiligten eine Chance
verpasst. Das dualistische System und die steuerliche Ungleichbehandlung
der Rechtsformen sowie die damit verbundenen komplexen Steuermechanismen
und -regime werden beibehalten.“ Allein durch die Digitalisierung des
Steuersystems wird es nicht weniger komplex. Der Weg sei richtig, aber die
Vorarbeit fehlt. „Sind die Prozesse und Verfahren kompliziert und
ineffizient, ist auch ihre Digitalisierung kompliziert und ineffizient.
Eine derartige Digitalisierung zementiert Komplexität, Kompliziertheit und
Ineffizienzen und ist damit kein großer Wurf“, so der Steuerexperte
abschließend.

Aus Sicht des Experten wäre eine Kombination der Maßnahmen angebracht.
„Ein wirklicher Investitions-Booster wäre die beschleunigten
Abschreibungsmöglichkeiten zusammen mit einer sofortigen Steuersatzsenkung
auf idealerweise 20 Prozent.“ Da das aber so nicht vorgesehen ist, bleibe
der Koalitionsvertrag laut Frischmuth in zentralen Reformfragen hinter den
Erwartungen zurück. Eine konsequent vereinfachte und digitalisierte
Unternehmensbesteuerung wäre entscheidend, um Investitionen und Wachstum
nachhaltig zu fördern. Der Koalitionsvertrag liefert dafür lediglich eine
Grundlage, von der Weiterentwicklungen ausgehen müssen und können. Denn
kleine Schritte in die richtige Richtung seien erkennbar. „Einfache,
transparente, verständliche und effiziente Prozesse und Verfahren müssen
das Ziel sein. Sie können Fesseln lösen und eine wirksame, effiziente und
zukunftsgerichtete Digitalisierung im Bereich der Unternehmensbesteuerung
ermöglichen.“

Prof. Dr. Markus Frischmuth
Ist seit Oktober 2024 Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere
Controlling und Corporate Governance an der der SRH Fernhochschule – The
Mobile University in Riedlingen. Vor seiner lehrenden Tätigkeit war er in
unterschiedlichen Managementfunktionen im Finanz- und Compliance-Bereich
international aktiver Unternehmen tätig.

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